Das Berliner Label Richert Beil verbindet Tradition mit Moderne. Mit einer Mischung aus traditionellen Trachten, deutscher Handwerkskunst und innovativen Designs, spielt Richert Beil irgendwo zwischen Heidi und Margiela. Tragbar, authentisch, unaufgeregt mit intelligenten Details. Deutsche Mode mit regionalem Bezug, die nicht jedem Trend aus London, Paris oder Mailand hinterherhetzt, sondern ganz eigenen Gesetzen und Ideen folgt: Wir haben uns mit den beiden Designern Jale Richert und Michele Beil zum Interview getroffen.
Was können wir von Richert Beil diesen Sommer erwarten?
Der kommende Sommer bei Richert Beil verbindet Tradition mit Innovation. Wir werden dieses Jahr viel durch Deutschland reisen, um uns einiges an Informationen über deutsche Handwerkskunst anzueignen. Wir interessieren uns sehr für altertümliche Trachten und Menschen, die dieses Handwerk noch pflegen. Das ist etwas ganz Besonderes und birgt immer eine spezielle Stimmung, die uns sehr gefällt. Auch kommen einige ganz aktuelle Innovationen im Bereich technischer Textilien dazu, die wir in Zukunft nutzen. Es ist spannend, diese zwei Bereiche zu verbinden. Was das für unsere Kollektionen genau bedeutet, bleibt natürlich abzuwarten.
Eure Kollektionen und Kampagnen haben immer auch eine besondere Message, wie z.B. eure „Love Series“ bei der ihr die Love-Stories von älteren Paaren in Pullover verwandelt habt. In Zeiten von Trump und Brexit: Sollte Mode eurer Meinung nach politisch sein?
Mode sollte authentisch sein. Wenn es einem gelingt, greift man als Designer häufig aktuelle Themen auf, die einen beschäftigen. Liegt etwas wie ein politischer Umbruch in der Luft, beeinflusst er auch die Modeindustrie stark. Als kreative Menschen nehmen wir vor allem negative und radikale Schwingungen schnell auf. Das ist ganz natürlich. Manchmal ist es spannend, wie ein Projekt sich durch die politische Lage stark verändert und die Aussage eine andere wird als zu Beginn geplant.
Ist eure aktuelle Kampagne „Royal Family“ so ein Projekt?
Ja. Wir waren zu Anfang inspiriert von den Familienbildern der britischen Royal Family. Dort ist alles furchtbar steif. Das ist der Wahnsinn, wie viel Disziplin dahinter steckt. Wir wollten dem ganzen ein typisch deutsches Studio Shooting entgegen setzen und haben eine Art Familie zusammen gestellt: Die 10-jährige Sofia aus Russland; die 15-jährige Ella, die noch nie vor der Kamera stand auf der einen Seite und Erdal Yildiz, ein deutscher Schauspieler mit viel Kamera- Erfahrung und Diana Dietrich, ein ehemaliges (Couture-)Model und heute Business-Frau auf der anderen Seite. Als Haustier gab es Jakob, den Esel. Es entwickelte sich ganz natürlich eine familiäre Stimmung vor der Kamera, denn die Älteren passten auf die Jüngeren auf. Es sind tolle Fotos entstanden.
Aber ihr seid damit ein wenig angeeckt, oder?
Durch die aktuelle Lage wurde es sehr politisch. Es hieß, man dürfe einem türkischen Mitbürger nicht die Augen verbinden, das wäre radikal. Er dürfe auch keinen Esel halten, das sei rassistisch. Der Hintergrund für uns war ein ganz anderer: Wir waren fasziniert davon, dass Erdal als Schauspieler immer noch einen klaren Gesichtsausdruck hat, auch wenn man ihm das Gesicht halb verbindet. Das wollten wir zeigen. Natürlich hielt auch er den Esel. Er ist mit Tieren aufgewachsen und der Esel war manchmal schwer zu halten. Ein 10-jähriges Mädchen kann das sicherlich nicht, ohne sich zu fürchten. Alle haben aufeinander geachtet und natürlich gehandelt.
Für uns war nach dieser Sache klar, dass das Bild von Erdal das Cover der Kampagne sein muss. Um die Menschen mit ihren Vorurteilen wachzurütteln und zum Nachdenken anzuregen.
Nicht nur in der Politik, auch in der Mode stehen schwierige Zeiten bevor. Die Industrie befindet sich im Umbruch. Wo seht ihr die Zukunft der Mode
Zur Zeit stagniert die Branche etwas. Durch den Überfluss an Kollektionen fehlt es der Mode an Inspiration. Und an Qualität. Für uns liegt die Zukunft der Mode darin, unser Label zu etablieren und das Image Stück für Stück aufzubauen. Die Industrie wird sich alleine durch die Technik anders aufstellen, es wird viel mehr online passieren. Modenschauen sind wahnsinnig oldschool, viel zu teuer und mittlerweile sinnlos geworden. Es ist die Zeit für ungewöhnliche Wege, da spielt uns die Unruhe in die Karten. Exklusive Veranstaltungen oder eine Art Modefestival wären denkbar.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass man als Designer schon immer etwas zu sagen haben musste. Diese Nachricht muss man konsequent nach außen tragen und darf sich nicht verunsichern lassen. Es ist wichtig die Augen und Ohren für neue, unbekannte Wege offen zu halten.
Vielen Dank an Richert Beil für das interessante Interview!