Einmal alles bei Mäcces!

Fett. Ungesund. Schädlich. Geschmacksverstärker. Formfleisch. Papiersalat. Auf die Hand. In den Mund. An die Hüfte. Cholesterin. Übergewicht. Adipositas. Herzinfarkt. Alles egal. Hunger. Hunger. Hunger. Schluss mit der Salat-Heuchelei. Gesundheitswahn hin oder her. Wo andernorts Fasten ein Gebot ist und Gefräßigkeit eine Todsünde, lockt das Spiel mit dem Feuer. Viel besser als Fasten ist doch das Fastenbrechen. Und wo könnte man das besser tun, als bei Deutschlands Burgerkette Nummer eins? Über Völlerei und Maßlosigkeiten bei Mc Donalds.

Die Tore des Restaurants zur güldenen Möwe tun sich auf. Dahinter ein Eldorado für feine Gaumen. Zur linken hört man das Dröhnen des Handtrockners. Vor der Toilettentür der obligatorische gelbe Plastikaufsteller. Rutschsgefahr besteht hier nicht. Aber geputzt wurde offenbar. Die Schlange vor dem Bestellschalter gleicht einem Querschnitt durch die Gesellschaft. Hartz 4 trifft auf Hausfrau. Dienstleistung auf Porschefahrer. Die Fritteusen zischen. „Zwei Tschickenburger“, klingt es engelsgleich durch die heiligen Hallen. Unter den beleuchteten Anzeigetafeln ein schmaler Spalt mit Blick in die Küche. Ein Nebel schwebt über den Köpfen. Grell leuchtet die Schrift auf der Kasse. Daneben das immer volle Spendenglas in Form eines Hauses. Zwischen all den durcheinander redenden Stimmen tönt es aus den Lautsprechern: „I’m on the Edge of Glory“. Ein ehrwürdiger Augenblick.

„Willkommen bei Mc Donalds, Ihre Bestellung bitte?“ „Einmal alles“. Das sind aktuell, ohne Frühstücksgerichte, 59 verschiedene Produkte für insgesamt 133,99 Euro. Burger, Fritten, Wraps, Saucen, Shakes, Eis und Salat in allen Variation. 17.095 Kalorien, 677g davon pures Fett. Ein Kamikazeangriff auf den Cholesterinwert mit etlichen Kollateralschäden. „Welsche Getränk dazu?“. „Alle“. Zu dreiviertel mit Eis gefüllt glucksen die Pappbecher unter der Zapfanlage. Die Farbe der Flüssigkeit ändert sekündlich. Sirup, Wasser, Sirup, Wasser. Maschinen piepen und hupen unaufhörlich. „Zu hier essen oder zu mitnehmen?“, lautet die entscheidende Frage. Das Experiment kann beginnen. Fast. „Rest bring ich gleich zu Tisch“.

 

Es kann los gehen

Das leicht eingefettete, rote Tablett gegriffen (eigentlich sind es drei), begibt man sich zu Tisch. Den völlig überbesetzten Mc Cafe Tresen flankiert, sucht man eine geeignete Stelle zum Schlemmen. Das Nahrungstranportmittel biegt sich unter der Last. Es ist über und über bedeckt mit der Feinkost des einfachen Mannes. Von der buntbedruckten Papierunterlage ist nichts mehr zu sehen. Da. Ein sauberer Tisch. Zielstrebig auf die herrlich unergonomisch geformten Sitzgelegenheiten gehechtet. Die sind gut für den Rücken. Los geht es mit dem Festmahl. Hamburger, Cheeseburger, Royal TS.

Am Nebentisch versucht eine Mutter verzweifelt, die mit guter Absicht zum Happymeal gekaufte Fruchttüte an den Mann, Pardon, das Kind zu bringen. Keine Chance. Sohn und Tochter streiten sich mit schmierigen Händen um das zum Menü gehörige Spielzeug. Das fehlt auf dem eigenen Tablett allerdings noch. Egal. Man isst ja nicht zum Spaß hier. Auf der anderen Seite ein Mann, der nach Absetzen von Muttermilch und Milupa direkt auf Big Mac umgestiegen zu sein scheint. Auch die eigene Hose wird langsam eng. Schnell den obersten Knopf aufgemacht. Puh. Die ersten Schweißperlen bilden sich auf der Stirn. Die Senfsauce und der Ketchup rinnen die Finger hinab bis zum Unterarm. Aber die Servietten liegen auf dem Tablett leider ganz unten. Schiefe Blicke von der Seite erntet man dafür allerdings nicht. Man orientiert sich eher am Hohepriester der Burgeretikette: David Hasselhoff. Da naht die Kellnerin mit einem weiteren Tablett.

Kontrollverlust. Nicht kauen, nur schlucken. Das psychophysikalische Design der Produkte? Schnuppe. Rein damit. Süß, salzig, süß, salzig. Eine wahre Sucht. Die Alibi- Wraps und Salate bei Seite geschoben, dienen sie ja doch nur zur Deko, arbeitet man sich vor zum heimlichen Herzstück der Speisekarte. Dem Big Tasty Bacon. Ein Moment der Andacht. Mit dem Daumen die Tagesbedarfsangabe verdeckt, öffnet sich die fast schuhkartongroße Schachtel. Mit circa 15 Zentimeter Durchmesser ist er mit einer Hand nicht mehr zu stemmen. Leicht rauchiges Aroma. Die Schärfe der Zwiebeln. Der Geschmack nach krossem Speck rührt nicht etwa vom Speck selbst her. Er kommt vom Weizenbrötchen. Und Sauce. Sauce. Soße. Der wahre König der Burger ist die Zentralbank des Hüftgolds. Reue? Keineswegs. Es gibt ja Cola Light.

Ein weiterer Geheimtipp: Der McRip. Wenn der Big Tasty der König ist, ist er mindestens die Queen. Das Filet, gepresst in die Form von Sparerips ist die Foie Gras unter den Pattys. Und wie es sich für eine echte Dame gehört wird er serviert mit einem kleinen, eingeschweißten Damasttuch, getränkt in Zitronenwasser.

 

Ein kleiner Happen zwischendurch

Zwischendurch: Die Beilage. Kartoffelstifte in heißem Pflanzenfett gesiedet. Die Pommes Frites, wie man in Frankreich sagt, bestechen durch ihre dezente Wärme. Von vielen Gästen nur als Füllmaterial verkannt, kitzelt ihr Salzmantel den Gaumen. Hiermit wurde nicht gespart. Dazu: Mayonaise. Ein Gedicht. Nicht zu vergleichen mit der Frittensauce eines Burgermonarchen am Ende der Straße. Danach Chickem McNuggets. 4er. 6er. 9er. 20er. 39 mit goldbrauner Panade ummantelte Geflügelhäppchen. Endlich eine Speise ohne den Schlechtesgewissenfaktor, denn wie man bekanntlich weiß – Hühnchen ist mager. Diese werden standesgemäß ausschließlich mit Süß-sauer Sauce gegessen, vergleichbar mit dem Tomatensaft im Flugzeug.

Die Tabletts leeren sich langsam. Zeit für einen Nachtisch. Die Apfeltasche herausgedrückt aus ihrer konisch geformten Verpackung, verbrennt trotz der bis zum Verzehr vergangenen Minuten, standardmäßig den Mund. Der McSundae ist bis zur Oberkante des Plastikbechers mit Karamellsoße gefüllt und ist daher ein sehr undankbares Dessert für den Verzehr im Auto. Jeder Löffel des Cup Dänemark für Arme wird von Kennern mit einer Pommes neutralisiert, um ihn wie den ersten genießen zu können. Zum Mc Flurry ein Glas gute Biomilch und zum krönenden Abschluss ein schönes warmes Bier. Fertig. An die dunkle Vertäfelung in Holzoptik gestützt, geht es zum Müllwägelchen. Getränke bitte oben? Keine Zeit. Schnell noch ein Fähnchen und eine Kinonews geschnappt. Ab zur Apotheke. Kohletabletten. Bettruhe. Nulldiät. Bada bab bab ba! Ich liebe es!