Die Abrechnung: Lily Allen’s West End Girl

Sieben Jahre Funkstille, und dann das: West End Girl ist kein klassisches Comeback, sondern ein emotionaler Rundumschlag. Lily Allen hat ein Album gemacht, das so schonungslos, so direkt und so absurd ehrlich ist, dass man beim Hören fast vergisst zu atmen. Das letzte Mal, als Allen ein Album veröffentlichte, war 2018. Danach: Theater, Podcasts, ein Sexspielzeug-Label, OnlyFans. Viele dachten, sie sei fertig mit Pop. Doch Pop war nie fertig mit ihr. 

West End Girl erzählt vom Zerfall einer offenen Beziehung, von Machtspielen, Dating-Apps und dem Versuch, Würde inmitten von Chaos zu behalten. In Songs wie „Madeline“ oder „Pussy Palace“ beschreibt sie Szenen, die eher nach True Crime als nach Pop klingen – nur mit besseren Hooks. Butt Plugs, Lügen, Schuldgefühle – alles drin!

Und genau das ist das Geniale daran: Während die Texte emotional alles abfackeln, klingen die Melodien süß, schillernd, fast verträumt. 

Scheidung als Kunstform

Allen war schon immer eine Meisterin darin, Privates öffentlich zu sezieren. Nur diesmal tut es weh – nicht, weil sie provozieren will, sondern weil sie endlich nichts mehr versteckt. Das Album wirkt wie Tagebuch, Beweisstück und Therapie in einem. 

West End Girl ist kein Versuch, sympathisch zu wirken. Es ist eine Ansage: Das passiert, wenn du alles verlierst und trotzdem bleibst. Lily Allen hat die Pop-Musik nie gebraucht, um relevant zu sein – aber Pop braucht sie mehr denn je, um wieder echt zu klingen.