Identität?!

 

In einer Zeit der tagtäglich unzählige Entscheidungen von uns getroffen werden müssen und uns keiner mehr Orientierung bietet, kann man sich nur noch auf sich selbst verlassen. Auf die eigenen Werte, die eigenen Normen. Aber wie werden wir wer wir sind? Wer und was formt unsere soziale Identität?

 

In den letzten Jahrzehnten haben Soziologen versucht eine Antwort auf diese Frage zu finden. Angefangen bei den Elter: Ein Vergleich von Familien aus der Unter-, Mittel- und Oberschicht zeigt in der Tat, dass es Unterschiede in der Sozialisation von Kindern gibt. Die meisten davon haben mit den Werten zu tun, die Eltern ihren Kindern vermitteln. Wir sind also das Produkt der Erziehung durch unsere Eltern und deren sozialer Schicht. Angehörige unterer Schichten legen eher Wert auf die Anpassung an Autoritäten und fördern entsprechende Verhaltensmerkmale bei ihren Kinder. Angehörige höherer Schichten setzen eher auf Unabhängigkeit.3 Wer Wert auf Manieren legt, wird darauf achten, dass die eigenen Kinder die Anstandsregeln der Gesellschaft befolgen. Wem aber Rücksichtnahme wichtig ist, der wird auch seine Kinder so erziehen, dass sie Mitgefühl mit anderen entwickeln. Dennoch ist die soziale Schicht nicht alleine ausschlaggebend dafür wer wir sind. Auch Geschlecht oder rassische und ethnische Herkunft sollen eine Rolle spielen. In eine bestimme Familie geboren zu werden, heißt einen bestimmten sozialen Status zu gewiesen zu bekommen. Ob die Eltern eines Kindes reich sind oder von Hartz IV leben, hat einen starken Einfluss darauf, wie andere es wahrnehmen. „Hinzu kommt, dass sich in den Werten, Einstellungen und dem Lebensstil einer Familie ihre soziale Schicht, ethnische Gruppe und die Region eines Landes, in der sie lebt, spiegeln.“ Kinder erwerben also ausgewählte Versionen der Kultur einer Gesellschaft je nach Vorgeschichte, Milieu und Erfahrung ihrer Familie. Aber nur weil Menschen einer bestimmten Gruppe angehören, haben sie nicht alle die selben Wertvorstellungen, Ziele und Verhaltensweisen.

Die vielen Wahlmöglichkeiten unserer Zeit haben Einfluss darauf wer wir sind – und umgekehrt. In modernen und Komplizierten Gesellschaften wie unserer, die großen Wert auf individuelle Wahlfreiheit legt, gibt es die verschiedensten Lebensentwürfe für Frauen, Männer, Arbeiter, Chefs, Katholiken, Muslime usw. Es existieren zwar Rollen und Normen, die man als Mitglied in einer Gruppe erlernt, aber sie lassen uns auch Raum selbst zu entscheiden, wer wir werden wollen. Nicht immer werden uns die Rollen, die wir spielen aufgezwungen. Viele können wir selbst wählen, wie etwa unsere Hauptfächer oder Berufsziele in der Schule oder im Studium. Das ganze Leben wählen wir: Arbeit, Familie, Lebensstil und persönliche Beziehung. Und auch wenn wir oft Angst haben diese Entscheidungen zu treffen, sind sie der wichtigste Bestandteil bei der Formung unserer Identität. Jede getroffenen Wahl beeinflusst eine zukünftige. Jede Entscheidung ist ein neuer Baustein für unser Ich – es gleicht einer immer weiterlaufenden Geschichte. Die Freiheit zu wählen schließt aber auch ein, dass wir uns bestimmten Rollen widersetzen können. Mädchen können sich weigern mit Puppen und lieber mit Autos zu spielen – oder Jungen stehlen sich vom Fussballfeld und gehen lieber zum Ballet. Wir haben das Glück in einer Gesellschaft zu leben, in der Veränderungen nicht nur toleriert, sondern sogar begrüßt werden. Unsere Identitäten sind nicht für immer fixiert – ständig verändern sie sich. Es liegt also auch an uns, wer wir sein wollen – heute, morgen oder übermorgen.

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