In Anbetracht des Wertewandels, des Cyberspace und unruhiger wirtschaftlicher Lage entwickelt sich ein neuer menschlicher Archetyp. Wir verbringen einen großen Teil unseres Lebens im Internet, vertrauen auf die Funktionsweisen einer vernetzten Wirtschaft, sind weniger daran interessiert Dinge zu sammeln, als daran aufregende und unterhaltsame Erfahrungen zu machen. Wir sind fähig in mehreren parallelen Welten gleichzeitig zu integrieren und schnell unsere Persönlichkeit zu ändern, um sie einer neuen Realität, egal ob echt oder virtuell anzupassen. Wir sind die Männer und Frauen des 21. Jahrhunderts und wir unterscheiden uns doch deutlich von unseren Eltern und Großeltern.
Wir sind nicht in einer, sondern mehreren Communities aufgewachsen. Zwischen Schule, Zuhause, bei Facebook oder bei Freunden in verschiedenen Städten oder Ländern sind wir immer jemand anderes. Online einkaufen, Software umsonst downloaden, schneller Zugang zu Informationen und die wohl kürzeste Aufmerksamkeitsspanne in der Geschichte der Menschheit, sind die Dinge die uns ausmachen. Weniger nachdenken, schneller Handeln. Wir sind eher Spieler als Arbeiter und wollen auch von anderen lieber als kreativ denn als fleißig wahrgenommen werden. Bodenständigkeit ist aus der Zeit unserer Eltern. Bilder sind uns wichtiger als Worte; wir sind weniger analytisch dafür aber gefühlsbetont. Sätze zu Papier zu bringen mag uns vielleicht Probleme bereiten aber elektronische Datenverarbeitung geht uns leicht von der Hand: Mails an virtuelle Adressen verschicken, ohne sich über die tatsächliche geographische Lage unseres Kontaktpartners Gedanken machen zu müssen. Instagram und Youtube sind für uns richtige Welten. In der Tat verbringen wir genauso viel Zeit mit fiktiven Personen in Fernsehen, Film, Web; mit Gossip Girl und Walter White, wie mit unseren realen Freunden. Wir lassen diese Figuren und deren Erlebnisse in unsere Gespräche einfließen und machen sie zum Teil unserer eigenen Lebensgeschichte. Denn eigentlich ist die Welt für uns eine Bühne und unser Leben eine Folge von Auftritten. In jeder Lebensphase werden neue Lebensstile ausprobiert und sich ständig neu erfunden. Etwas über Geschichte zu lernen ist passe, selbst Geschichten schreiben ist wichtiger. Unsere eigene Geschichte und Inszenierung ist mindestens genauso von Bedeutung wie Daten und Zahlen.
Diese neue Welt ist nicht objektiv. Sie besteht nicht aus der einen Wahrheit, sondern aus Optionen, aus denen wir auswählen müssen. Man kann sich seine eigene Realität schaffen, indem man sie kommuniziert. Sitten, Gebräuche, Traditionen und Konventionen unterdrücken uns nicht länger. Wir finden lieber unseren ganz eigenen, individuellen Weg. Für uns zählt das „Jetzt“. Effizienz und Produktivität sind für unsere Zukunft nicht so wichtig, wie Unterhaltung und raffinierte Präsentation. Es ist eine neue Ära und wir sind neue Menschen. Verschwunden sind die harten Konturen aus der Zeit in der man sich auf die Bindung des Eigentums konzentrierte. Mein Haus, mein Boot, mein Auto – für uns nicht mehr wichtig. Gefühle und Einstellungen, Ereignisse und Erfahrungen sind die Dinge die unsere Selbstwahrnehmung prägen. Wir haben uns perfekt an die Veränderungen unserer Umwelt angepasst, auch wenn dabei vieles skurril erscheint und so manches auf der Strecke bleibt. Wir haben alle Vorraussetzungen den Entscheidungen und Herausforderungen unserer Zeit entgegen zu treten.